Erinnerungen

Gestern traf ich mich mit einer Freundin aus Kindertagen. Wir wohnten quasi in der Nachbarschaft voneinander, unsere Mütter kannten sich auch aus Kindertagen, unsere älteren Brüder gingen zusammen zur Schule.

Der Abend gestern glich partiell eine Reise in die Vergangenheit, natürlich unterhielten wir uns über aktuelle Dinge, schliesslich haben wir uns ein paar Jahre nicht gesehen. Aber ein Großteil des Abends waren wir auch in Erinnerungen an unsere Kindheit versunken… Klapperten nochmal alle Orte im Dorf ab, an denen wir uns trafen und spielten und liessen einige Begebenheiten Revue passieren. Die eine gab ein Stichwort, die andere ergänzte oder nickte nur bejahend – schön, so eine gemeinsame Vergangenheit. :)

Irgendwann auch kamen wir auf unsere Omas zu sprechen… Bei ihr lebte Oma Erna mit im Haus, meine Oma Lotti wohnte ein paar Strassen weiter weg, aber das machte nichts aus. Wir waren oft dort, liebten es, sahen es als unser zweites Zuhause an, konnten immer zu ihr gehen. An Weihnachten kam sie zu uns, Silvester genauso. Alle 4 Wochen schliefen mein Bruder und ich bei ihr, denn unsere Eltern gingen zum Kegeln. Auch wenn das ein regelmässiges Ereignis war, so freuten wir uns immer wieder drauf, als wäre es der Höhepunkt eines jeden Jahres – unsere Oma machte es mit wenig Aufwand zu einem kleinen Fest. Wir saßen dann im Wohnzimmer und futterten belegte Brote zum Abendessen, jeder hatte seinen festen Platz. Dann lösten wir zusammen Kreutzworträtsel oder suchten in der Fernsehzeitung auf der letzten Seite die kleine Maus, die sich zwischen den Witzen versteckte… Später dann kam manchmal ein Miss Marple Film, aber bitteschön nur die Verfilmungen mit Margaret Rutherford! Kurz bevor der Film anfing, ging Oma in die Küche und machte für uns alle Vanillepudding und holte die Bettdecken aus dem Schlafzimmer, um sie am Ofen anzuwärmen… Schliesslich gab es im Schlafzimmer keine Heizung und wer geht schon gern in ein kaltes Bett, hm? ;)

Zum Frühstücken kam unter der Woche an fast allen Tagen meine andere Oma dann. Oma Lotti wohnte gegenüber vom EDE.KA und meine andere Oma ging extra früh Brötchen holen, mein Opa schlief immer noch, und dann auf eine Tasse Kaffee und ein halbes Brötchen zu Oma Lotti – das war ein Ritual der beiden, es fand bei jedem Wetter statt und einzig am Wochenende trafen sie sich dann nicht um kurz nach 7 Uhr, da der Laden da nicht aufmachte. Kurz nach Acht machte sich meine andere Oma dann auf den Weg und frühstückte zuhause mit Opa das zweite Brötchen. :) Manchmal durften wir auch wochentags bei Oma schlafen und so saßen wir dann zu Viert in der kleinen Küche am Tisch, guckten aus den Fenstern und frühstückten Reihensemmeln, die Oma praktischerweise vom Laden für uns mitbrachte.

Mittlerweile leben unsere Omas leider alle nicht mehr… Oma Lotti verstarb, als ich 10 Jahre alt war, den dazugehörigen Opa K. habe ich leider niemals kennenlernen dürfen… Er lag bei meiner Geburt im Krankenhaus, hatte strikte Bettruhe, da er ernsthaft erkrankt war. Er hat sich – nach Sohn und Enkelsohn – so sehr ein Mädchen gewünscht und als er erfuhr, dass ich geboren war, wollte er mich um jeden Preis sehen. Im Fahrstuhl nach oben brach er dann zusammen und bezahlte mit seinem Leben… Oma trug stets ein Bild von ihm in einem Medallion an einer Kette an ihrem Herzen. Die Kette habe ich damals bekommen und dann und wann knibbel ich das filigrane Oval auf und sehe in Opas fröhlich lachende Augen.

Bald nun ist Weihnachten und wie jedes Jahr kommen unsere Eltern zu uns, der anderen Enkel wegen nicht immer am gleichen Tag, aber wir feiern jedes Weihnachten zusammen, Silvester spielen wir mit meinen Eltern Karten und investieren so hoffentlich gemeinsam in die Erinnerungen unserer Kinder.

Danke Frau Nessy, für Ihren Text und die Anregung an die schönen und manchmal etwas traurigen Erinnerungen!

 

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